Mittwoch, 2. September 2009

Samstag, 2. September 2000 @ 18:36:01

Von: ursula-maus@tkun.de
An: kulturecho@aol.com
Betreff: Reise- Alb-Träume, verschiedene Ähnlichkeiten und ähnliche Unterschiede

Hallo Charly,

Du hast mich gefragt, ob wir uns vielleicht nicht schon zu ähnlich sind. Ich antwortete, daß ich es nicht weiß. Darüber habe ich eben in der S- Bahn nachgedacht und ich glaube:

Wir sind uns so ähnlich, daß wir stundenlang darüber reden resp. seitenlang darüber schreiben können und trotzdem gibt es Unterschiede, über die wir in der restlichen Zeit stundenlang reden resp. schreiben können.

evor ich Dir etwas abgrundteifes aus meiner Seele schreibe, füge ich der Sammlung von Ähnlichkeiten noch weitere hinzu, Du hast es aus dem, was ich über das Reiseland Dänemark schrieb, herausgelesen und ich liefere Dir hier die Bestätigung:

Meine Traum-Reiseländer sind Schweden, Norwegen, auch nach Dänemark möchte ich irgendwann noch mal in besserer seelischer Verfassung. Von Frankreich möchte ich gern mehr kennenlernen, als das kleine Stückchen Elsaß bei kurzen Ausflügen von einem Schwarzwaldurlaub aus.

Jetzt kommt vielleicht Unterschiedliches hinzu: Der allgemein so begehrte, übliche Reiserummel in wärmere Länder, diesmal ausschließlich als Reisegegend betrachtet, ist für mich keinen Gedanken, nicht einen Urlaubstraum wert.

Und gegen die animierten Reisegruppen, "Rechts sehen sie die Pyramiden von Gizeh, links zwei Kamele; Sie haben 10 Minuten Zeit, um den Louvre zu besichtigen..." bin ich allergisch. Ich gehe lieber selbst auf Entdeckungsreise und nehme mir Zeit für das, was mir gefällt oder mich interessiert. (Sofern es jemand anders auch interessiert - da sind wir wieder bei den Kompromissen!)

Ich freue mich sehr auf unsere Zeit in elf Tagen, obwohl ich für mich Schwierigkeiten sehe, bis dahin zu kommen. Weshalb? - Mein lieber Freund: mir wurde nämlich zum Wochenende erzählt, daß ER ab jetzt (von wegen der Auftragslage und so) wieder mehr Zeit haben und zu Hause verbringen würde! Vor einer halben Ewigkeit hätte ich mir das noch soo seehr gewünscht, heute erscheint es mir eher als Katastrophe.

Katastrophe Nummer Zwei: Meine Mutti will mir nächstes Wochenende (endlich?) erzählen, wer mein Erzeuger ist. Der hatte sich noch vor meiner Geburt aus dem Staube gemacht, do daß ich einen Stiefvater habe. Der beste, den man sich wünschen kann und doch so schicksalsschwer für mein Leben.

Viele Jahre lebten wir in Dessau in einem wunderschönen Holzhaus. Eines Nachts kam mein Stiefel-Vater an mein Bett und bat mich, mich anzuziehen. Wir würden eine Reise machen, sagte er. Ich freute mich wie eine Schneekönigin, denn es war Winter und überall lag Schnee und als wir ins Auto stiegen, glitzerte der Schnee so wunderbar im Mondlicht. Beruhigt schlief ich ein.

Am nächsten Morgen waren wir in einer fremden Stadt. Mein weißer Schnee war kohlrabenschwarz und matschig geworden. An diesem Morgen wurde ich ein anderer Mensch. Die nächtliche und unvorbereitete Abreise hat sich tief in mein Gehirn gebrannt; ich bin niemals wieder nach Dessau zu meinem Geburtshaus zurückgekehrt.

Soweit meine Erinnerungen. Aber es könnte auch eine selbstauferlegte Blockade sein, die mich vor Schlimmeren schützt. Seit der Ankündigung meiner Mutter, mache ich mir Gedanken um die Person meines Erzeugers. Was hat er mit unserer überstürzten Abreise ins 'Schwarze Land' zu tun?

Das Geheimnis liegt in meinem Geburtshaus verborgen, das weiß ich instinktiv. Ich muß noch vor dem nächsten Wochenende dort hin gehen und meine Vergangenheit suchen. Ob Du mitgehst oder nicht, ob es mich kaputt macht oder nicht: ich muß dorthin. So sehr, wie ich noch niemals etwas in meinem Leben GEMUSST habe. Solltest Du mitkommen können, dürfen wir neugierig sein, was uns an diesem Ort erwartet. Für mich ist er füher einmal ein wichtiger Wohlfühl-Ort und auf seine eigene Art eine Energie-Tankstelle gewesen, die ich leider heute...bis jetzt...niemals wieder aufgesucht habe.

Aber ich möchte Dich zu nichts zwingen...und dies ist wirklich keine Floskel. Du bist frei!

Uschi

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