Dienstag, 25. August 2009

Donnerstag, 22. Juni 2000 @ 15:53:27

Von: ursula-maus@tkun.de
An: charts@charlydavidson.com
Betreff: Zeit-Gespenst oder Zeit-Geist?

Lieber Karli,

in der Annahme, daß Deine E- mail- Pause von inzwischen zwei gazen Tagen auf einen Stau auf der Daten-Autobahn hinweist und nicht auf Dein erlahmendes Interesse an unserem elektronischen Fernschachspiel, sende ich Dir diese E- mail quasi als "vorausgedachten Gegenzug".

Deine E-mails fangen an, es in Punkto Vielschichtigkeit mit den von I-Punkt Kant aufzunehmen, meinem Lieblingsphilosophen (Du siehst, ich habe nicht nur Lieblingsgeister) und das macht mich so nach- denklich, daß mir auch beim späteren Nach- Denken immer noch was einfällt.

Dein " real- existierender Zeitgeist" enthält ein ganzes Paket von Fragen und Widersprüchen; angefangen bei der Frage, wie wirklich etwas da ist. Auch die Frage, was der " Herausgeber der Zeit und des Raumes" zum Geist der Zeit zu sagen hat, ist für die H- Er- Kenntnis- Suchende von Interesse. Ist nicht ein " real- existierender Zeitgeist" eher eine Chimäre, sozusagen ein Hirn-Gespinst oder - Gespenst?

Was sagt der Besserwisser zu dieser Variante?

Bei meiner Überlegung, ob ich vor zwei Jahrzehnten einen ähnlich treffenden Text über den Zufall hätte schreiben können, mußte ich - leider - zu der Er-Kenntnis oder in diesem Falle Sie- Kenntnis kommen, daß ich mich trotz deutlicher Symptome von Sprach-, Lese- und Schreibsucht eher mit der Frage beschäftigte, welche Art Zufälle mich wohl träfen und ob sie mich auch treffen würden.

Du hast mich neugierig gemacht auf Texte, die der Autor heute schreibt. Wie wäre es mit einer Zugabe für eine E- mail- Schreiberin?

Zum Thema Rollenspiele ist mir noch was eingefallen: Die gespielten Rollen, die dazu dienen, andere zu verwirren und das zerbrechliche ICH zu verbergen, wirken gut als Panzerglas und Sichtschutz - Voyeure müssen draußen bleiben! Doch manchmal spielt man auch für sich eine Rolle - zu sehr darauf bedacht, sich vor den Forderungen des ICH zu verstecken. Bei letzterem Versuch ist das Risiko hoch, SICH aus den Augen zu verlieren - manchmal ist das Versteck so komfortabel, daß man sich selbst nicht mehr findet.

Nun, energischer Widersprecher, wie lautet Dein Widerspruch?

Ansonsten will ich Dir nicht vorenthalten, daß ich überrascht bin, durch einen Lebens- Zufall einen der wenigen Menschen getroffen zu haben, der beim Lesen des Wortes " PUCK" nicht sofort an ein Sportutensil oder aber eine Fliege denkt.

Insofern würde ich es internet(t) finden, wenn wir das elektronische Fernsprachspiel fortsetzen könnten.

Mit fragenden Grüßen
Uschi

Anhang: Auch eine wertlose Versuchung ist wert, sich an ihr zu versuchen!

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